Innovationen halten Unternehmen konkurrenzfähig. Doch um neuartige Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle erfolgreich am Markt zu etablieren, braucht es mehr als gute Einfälle. Zu den entscheidenden Faktoren gehören unter anderem motivierte Mitarbeitende, Wissensaustausch und der Mut zu grossen Schritten.
Von Ursula Ammann
Google, Ideo oder Tesla: Unternehmen wie diese gelten für viele als Inbegriff der Innovationskraft. Liegt es an den Büros, die teilweise anmuten wie Spielplätze für Erwachsene? Thomas Utz, Co-Leiter des Instituts für Innovation, Design und Engineering IDEE-OST, relativiert: «Kletterwände und Tschüttelikästen tragen zwar zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden bei, sind aber keine Hauptvoraussetzung dafür, dass eine Firma Innovationen hervorbringt.» Doch was bedeutet Innovation per Definition? «Innovation ist die Durchsetzung neuer technischer, wirtschaftlicher, organisatorischer und sozialer Problemlösungen», sagt Thomas Utz. Es gehe darum, Unternehmensziele auf neuartige Weise zu erfüllen, um im verschärften globalen Wettbewerb bestehen und den Anforderungen der Gesellschaft gerecht werden zu können. Die Betonung liege dabei auf der «Neuartigkeit».
Innovationsabsicht soll mehr sein als heisse Luft
Damit ein Unternehmen innovative Leistungen erbringen kann, braucht es fähige Mitarbeitende. Aber auch auf deren Motivation kommt es massgeblich an. «Innovationsfähigkeit ergibt sich aus dem Kennen, Können und Wollen», so Thomas Utz. Das Kennen bezieht sich auf den Bildungshintergrund der Fachkräfte, das Können auf die Fähigkeit, das Gelernte anzuwenden und das Wollen auf die innere Antriebskraft.
Gerade in der Schweiz lasse sich immer wieder beobachten, dass das Bildungsniveau der Mitarbeitenden enorm hoch sei, es aber manchmal am «Wollen» fehle, erklärt Thomas Utz. Das liege nicht unbedingt an der Motivation der Einzelnen, sondern oft an den Schranken, die intern gesetzt würden. «Um Innovationen zu ermöglichen, müssen Firmen ihren Angestellten Freiräume zum Lernen und Ausprobieren zugestehen», sagt er. Idealerweise werde diese Lernkultur mit einer Innovationsstrategie gestützt. «Es reicht nicht aus, wenn der Wille zur Innovation lediglich im Leitbild erwähnt ist.»
Aufspringen auf die exponentielle Kurve
Dass es zentral ist, Innovationen hervorzubringen, zeigt sich am «Internet of Things». Mittlerweile sind 50 Billionen Produkte mit dem Internet verbunden – vom Smartphone in der Hosentasche über den Kühlschrank im Einfamilienhaus bis zum Abfallkübel im öffentlichen Raum. Im Jahr 1992 waren es gerade einmal eine Million Dinge, darunter hauptsächlich Computer.
Für Unternehmen sei es wichtig, sich auf dieser exponentiell wachsenden Kurve zu bewegen, sagt Thomas Utz. Wer nichts Neues wage, sondern sich nur darauf konzentriere, bestehende Produkte und Dienstleistungen stetig ein wenig zu optimieren, lande irgendwann in der «Out of Business Curve». «Zwar wird man dadurch linear besser, aber die Welt rundherum verändert sich viel schneller», so der Co-Institutsleiter. Er rät Unternehmen deshalb, zwischendurch grosse Schritte zu wagen – auch auf die Gefahr hin, dass Fehler passieren. «Aus diesen kann man aber wieder lernen.»
Soziale Leistungen fördern Innovation
Innovationsfähigkeit lässt sich messen und das auf verschiedenen Ebenen. Seit 2014 vergleicht das Berliner Institut für Innovation und Technik die Innovationskraft europäischer Länder. Dazu berechnet es aus statistischen Daten Aspekte wie Humankapital, Komplexitätskapital Strukturkapital und Beziehungskapital. Humankapital bezieht sich auf die Bildung und Erfahrung der Arbeitnehmenden, Komplexitätskapital auf die Exklusivität des Wissens. Beim Strukturkapital geht es darum, wie Wissen innerhalb der Unternehmen ausgetauscht und gemanagt wird. Das Beziehungskapital bemisst sich darin, wie Firmen mit anderen zusammenarbeiten. «Dieses Beziehungskapital wird immer wichtiger», sagt Thomas Utz und nennt ein Beispiel. «Es macht angesichts des Elektroauto-Booms wenig Sinn, dass jeder Hersteller für sich allein die Batterie entwickelt.» Es sei deshalb wichtig, Kooperationen zu bilden. Ob mit anderen Unternehmen oder mit Hochschulen.
Auch das «European Management Forum» misst Innovationsfähigkeit, vergleicht dazu aber nicht Länder miteinander, sondern einzelne Unternehmen. Dabei fällt auf: Soziale Leistungen wirken sich positiv auf die Innovationsfähigkeit aus. «Wenn eine Firma die Mitarbeitenden fördert und im Wohlbefinden stärkt, steigt auch deren Motivation», erklärt Thomas Utz. «Und wer motiviert ist, leistet viel eher eine Extrameile, die dann vielleicht zum grossen Durchbruch verhilft.»
Megatrends unter die Lupe nehmen
Wie gelingt es Unternehmen, sich mit ihrer Umwelt zu verbinden und neue Bedürfnisse zu spüren? Eine Möglichkeit besteht darin, sich mit Trends zu befassen. «In der Coronakrise haben sich Megatrends herauskristallisiert, die in den nächsten Jahren zu wahren Innovationstreibern werden», sagt Thomas Utz. Ein Beispiel ist «New Work». Von zuhause aus zu arbeiten, ist durch die Pandemie Standard geworden. Daraus haben sich neue Herausforderungen, aber auch Chancen für neue Geschäftsmodelle ergeben. Es lohne sich, mit gegenwärtigen Trends auseinanderzusetzen und für sich als Unternehmen die positiven Aspekte daraus zu ziehen, sagt Thomas Utz. «Veränderungen bieten immer eine Möglichkeit, sich neu zu positionieren und damit an Innovationskraft zu gewinnen.»
Dieser Beitrag bezieht sich auf den Inhalt aus dem Webinar «Innovationsfähigkeit messen» aus der Webinarreihe «Klüger am Abend» der Weiterbildung OST.
Von der Inspiration zur Innovation
Damit aus einer Inspiration oder Idee eine Innovation entsteht, braucht es mehr als glückliche Zufälle. In den Weiterbildungen an der OST – Ostschweizer Fachhochschule erlangen Fach- und Führungskräfte aus verschiedenen Branchen die notwendigen Kompetenzen, um den Innovationsprozess – von der Inspiration bis zur Markteinführung – professionell zu begleiten.
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