«Jeder Arbeitstag zeigt mir, dass ich im richtigen Beruf bin»

16. April 2021

Beim Thema Rehabilitation blüht Jennifer Hirschi auf. Die 24-Jährige ist im Bethesda Spital in Basel tätig und übt neu die Funktion als Pflegeexpertin aus. Eine ihrer Aufgaben ist es, Strukturen und Prozesse dahingehend zu gestalten, dass Patientinnen und Patienten bestmöglich in ihrem Selbstmanagement gefördert werden. Mit einem Bein steht die diplomierte Pflegefachfrau nach wie vor im angestammten Beruf. Denn auf Patientenkontakt möchte sie nicht verzichten.

Ob nach einer Operation, einem Sturz oder einem Unfall: In der Abteilung «Rehabilitation» des Bethesda Spitals in Basel bereiten sich Menschen in unterschiedlichen Lebensabschnitten und -situationen auf den Alltag nach dem Klinikaufenthalt vor. Ein interprofessionelles Team unterstützt sie dabei. Jüngste Kraft dieses Teams ist Jennifer Hirschi. Die diplomierte Pflegefachfrau BScN hat 2018 ihre Arbeit am Basler Privatspital aufgenommen. Seit März 2021 ist die 24-Jährige dort auch als Pflegeexpertin engagiert. Ein Teil ihres Fachgebiets ist die Selbstmanagementförderung. Diese zielt darauf ab, dass Personen mit einer chronischen Krankheit möglichst eigenständig und unabhängig leben können.  

Erfahrung der anderen Teammitglieder würdigen

In ihrer Tätigkeit als Pflegeexpertin führt Jennifer Hirschi beispielsweise interne Weiterbildungen zum Thema Selbstmanagementförderung durch und erarbeitet Konzepte dazu. Damit schafft sie die institutionellen Rahmenbedingungen, die gewährleisten, dass Patientinnen und Patienten entsprechende Kompetenzen mit auf den Weg bekommen. «Für mich besteht die Herausforderung im Moment darin, in die neue Rolle hineinzufinden», sagt Jennifer Hirschi. «Die Funktion als Pflegeexpertin erfordert, bewusst zu kommunizieren und als Vorbild voranzugehen». Ein Vorteil sei, dass sie das Team bereits kenne und sich schon früher oft fachlichen Fragen angenommen habe. «Ausserhalb meines Arbeitsteams muss ich mich wegen meines jungen Alters teilweise aber schon zweimal behaupten», fügt die Mittzwanzigerin an. Ihr sei es aber wichtig, auch von den anderen lernen zu können. «Es gibt Mitarbeitende, die bereits 30 bis 40 Jahre in der Pflege arbeiten und damit viel mehr Erfahrung haben als ich. Das möchte ich würdigen», sagt sie.

Nebst dem Erarbeiten von Konzepten und Coachen von Mitarbeitenden arbeitet Jennifer Hirschi weiterhin zu 70 Prozent direkt am Patientenbett. Das hilft ihr einerseits, strukturelle oder prozessuale Probleme zu erkennen und Verbesserungen einzuleiten. Andererseits hegt sie eine grosse Leidenschaft für ihren angestammten Beruf und möchte diesen nicht aufgeben. «Wenn ich bei den Patientinnen und Patienten bin, kann ich mein volles Potential anwenden und sehe unmittelbar einen Effekt», sagt sie. Es gehe nicht darum, grosse Wunder herbeizuführen. Vielmehr gelte es, kleine Dinge zu ermöglichen, die der jeweiligen Person bei der Bewältigung ihres Alltags wichtig seien. «Auch wenn es nur ist, dass jemand die Socken selbst anziehen kann».

«Wenn ich bei den Patientinnen und Patienten bin, kann ich mein volles Potential anwenden und sehe unmittelbar einen Effekt.»

Jennifer Hirschi

Ihren Umgang mit den Betroffenen beschreibt Jennifer Hirschi als «liebevoll streng». «Ich fordere sie durchaus heraus, denn schliesslich müssen sie nach der Reha in der Lage sein, gewisse Tätigkeit allein zuhause ausführen zu können». Dabei dürfe aber der Humor nicht fehlen. «Ich lache sehr oft mit den Patientinnen und Patienten», sagt die 24-Jährige.

Fasziniert vom Potential der Rehabilitation

Jennifer Hirschi hat während ihrer Ausbildung verschiedene Stationen gesehen. Unter anderem war sie am Universitätsspital Basel, am Inselspital in Bern und am Luzerner Kantonsspital tätig. Anfangs lag ihr Interesse vor allem in den Bereichen Chirurgie und Akutmedizin. Seit sie den Zertifikatslehrgang (CAS) Rehabilitation und Gesundheitsförderung an der OST absolviert und ihre Abschlussarbeit zum Thema Selbstmanagementförderung geschrieben hat, ist sie jedoch «ganz versessen» auf das Fachgebiet der Rehabilitation. Die Weiterbildung habe ihren Weitblick dafür geschärft, was alles möglich sei. «Ich bin immer wieder fasziniert davon, welches Potential die Rehabilitation bei jedem Einzelnen bietet – auch im höheren Alter», betont Jennifer Hirschi. Sie erzählt von einer betagten bettlägerigen Patientin, die nach der Reha in der Lage war, im Alterszentrum den Weg von ihrem Zimmer in den Speisesaal selbständig unter die Füsse zu nehmen. Aus Beispielen wie diesen schöpft die diplomierte Pflegefachfrau immer wieder Motivation. «Jeder Arbeitstag zeigt mir, dass ich im richtigen Beruf bin», sagt Jennifer Hirschi. Einen Ausgleich zum Job findet sie bei den Pferden. Mehrmals pro Woche ist die Baslerin mit Thurgauer Wurzeln im Stall und beim Ausreiten anzutreffen.