Geschäftsideen zum Fliegen bringen

3. Juni 2021

Sich selbstständig machen mit einem eigenen Business: Das ist der Traum vieler Menschen. Über Top oder Flop entscheidet nicht der Zufall. Angehende Gründerinnen und Gründer können mit einer sorgfältigen Vorbereitung frühzeitig die Weichen auf Erfolg stellen. Lukas Scherer, Leiter IQB Institut für Qualitätsmanagement und angewandte Betriebswirtschaft, weiss, welche Faktoren dabei zählen und wo mögliche Stolpersteine liegen.

Ein Nagellackier-Automat, der zuhause Salon-Qualität liefert; eine Lern-App, die Kindern die Welt der Finanzen näherbringt; ein Flugsimulator, der virtuelle Trainingsflüge mit dem Helikopter ermöglicht; oder eine Schutzmaske, die den Träger hermetisch vor sämtlichen Viren abschirmt: Am Anfang all dieser Produkte stand jeweils eine Geschäftsidee und das Ziel, auf dem Markt Fuss zu fassen. Doch was entscheidet über den Erfolg? Und wie kann man herausfinden, ob man mit der eigenen Idee wirklich ein Bedürfnis trifft?

Je mehr Trends bedient werden, desto nachhaltiger

Lukas Scherer, Leiter IQB Institut für Qualitätsmanagement und angewandte Betriebswirtschaft, unterstützt angehende Firmengründerinnen und Firmengründer beim Schritt in die Selbstständigkeit. Um das Potential einer Geschäftsidee zu beurteilen, gebe es unterschiedliche Kriterien, sagt er. Einerseits gelte es, den Markt unter die Lupe zu nehmen. «In diesem Zusammenhang kann man sich beispielsweise fragen, wie gross das angestrebte Geschäftsfeld ist, wer die möglichen Kundinnen und Kunden sind und wie gross deren Bereitschaft ist, für das Produkt Geld auszugeben.» Andererseits bedürfe es auch einer Analyse der Konkurrenz. «Die Frage ist dann, wer alles im Markt mitmischt und inwiefern man sich mit seiner eigenen Idee von den Mitbewerbern abhebt».

Prof. Dr. Lukas Scherer

Hilfreich ist es auch, sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Megatrends zu befassen. Derzeit sind diese ganz besonders in den Bereichen Gesundheit, Ökologie und Ernährung angesiedelt. «Je mehr dieser Trends man bedienen kann, desto nachhaltiger die Idee», sagt Lukas Scherer. «Gelingt es sogar, verschiedene Bereiche zu kombinieren, ist das umso besser.»

Letztlich müsse man sich aber auch die Fragen stellen, was die Zielgruppe wolle, was man selbst wolle und wie man das leiste, was man beabsichtige. «Um mit der Zielgruppe vertrauter zu werden, ist es ratsam, diese mithilfe sogenannter Personas zu charakterisieren», so Scherer. Was die eigenen Wünsche betrifft, empfiehlt er, sich Visionen und Werthaltungen nochmals vor Augen zu führen und auch das eine oder andere auszuschliessen. «Sonst besteht die Gefahr, dass man sich verzettelt.»

Bestehendes mit Neuem kombinieren

Doch angenommen, man sucht noch nach einer Geschäftsidee: Wie lässt es sich herausfinden, wo man ansetzen kann? Lukas Scherer verweist auf die vier Innovationsfelder. Das erste bezieht sich auf die Ebene des Produkts bzw. Services. Hierbei geht es darum, neue Variationen zu schaffen. «Man kann beispielsweise Räuchertofu – ein Produkt, das derzeit hoch im Kurs ist – in Sachen Geschmack, Konsistenz oder Nährstoffprofil weiterentwickeln», veranschaulicht er.

Indem man bestehende Produkte, Services, Verfahren und Prozesse, Technologien oder Geschäftsmodelle mit neuen Ansätzen kombiniert, entstehen unendlich viele Ideen.

Prof. Dr. Lukas Scherer

Das zweite Feld umfasst Prozesse und Verfahren. So wird etwa ein Kleidungsstück nicht mehr von Hand gewoben, sondern per Roboter. Im dritten Feld geht es um Technologie-Innovationen und im vierten Feld um Geschäftsmodell-Innovationen: Prominentes Beispiel für Letzteres ist Uber – eine Art Taxiunternehmen ohne Taxis. 

«Indem man bestehende Produkte, Services, Verfahren und Prozesse, Technologien oder Geschäftsmodelle mit neuen Ansätzen kombiniert, entstehen unendlich viele Ideen», so der Institutsleiter.

Teamkonstellation, Marktpotential und Eigenkapital

Geht es daran, die eigene Geschäftsidee für die Umsetzung zu strukturieren und zu visualisieren, bieten diverse Tools Unterstützung. Etwa das Business Model Canvas. Hierbei werden auf einer A4-Seite die wichtigsten Eckpfeiler der Geschäftsidee festgehalten: zum Beispiel die Aktivitäten und die dafür erforderlichen Ressourcen, aber auch die Kanäle, über die man mit der Zielgruppe in Kontakt treten will. Lukas Scherer erachtet das Business Model Canvas als sinnvolle Vorbereitung für einen Business Plan. Denn im Grunde enthalte dieser dieselben Aspekte, sei aber einfach detaillierter.

Doch welche Merkmale weist ein guter Businessplan auf? Und wie überzeugt man damit potenzielle Investoren? Eine entscheidende Grösse seien die Gründerinnen und Gründer respektive das Team hinter einer Geschäftsidee, sagt Lukas Scherer. «Handelt es sich hierbei um mehrere Personen, so ist es zentral, dass sich diese in ihren Fachgebieten und Kompetenzen gut ergänzen.» Wichtig sei es zudem, dass der angestrebte Markt Potentiale biete und dies mit Marktforschungen oder Statiken belegt werden könne. Nicht zuletzt zähle aber auch das Eigenkapital. Zumindest müsse dieses in einem plausiblen Verhältnis zum geforderten Fremdkapital stehen. «Wenn man selbst nicht bereit ist, zu investieren, wird es schwierig, andere Geschäftspartner ins Boot zu holen».

Grundsätzlich rät er angehenden Gründerinnen und Gründern, ihre Geschäftsidee durch ein klares Konzept zu signalisieren und den Willen dahinter erkennbar aufzuzeigen. Bei Fragen wie etwa jenen nach der Rechtsform oder nach allfälligen Schutzrechten lohne es sich auch, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen. «Es gibt einige kommunale oder kantonale Beratungsangebote, die teils sogar kostenlos sind», so Lukas Scherer. Wer sich also selbstständig machen will, schmiedet zwar weitgehend in Eigenregie an seiner Zukunft, ist dabei aber nicht auf sich allein gestellt.

Achtung Schutzrechte
«Man ist selten die oder der Erste mit einer gewissen Idee», sagt Lukas Scherer, Leiter IQB Institut für Qualitätsmanagement und angewandte Betriebswirtschaft. Er empfiehlt deshalb, sich bei der Umsetzung einer neuen Geschäftsidee auch mit regulatorischen Vorschriften wie etwa jenen zum geistigen Eigentum zu befassen. «Verletzt man – ob wissentlich oder unwissentlich – die Schutzrechte anderer, kann das sehr kostspielig werden».  Man könne in diesem Zusammenhang auch nicht davon ausgehen, dass ein allfälliger Patentinhaber sich sofort zu Wort melde, wenn er nicht einverstanden sei. «Es ist möglich, dass dieser eine gewisse Zeit abwartet, dann aber mit einer Abmahnung und einer Lizenzrechnung rückwirkend Schadensersatz einfordert.»

Hilfreiche Adressen für angehende Firmengründerinnen und -gründer

www.kmu.admin.ch
www.venturelab.ch
www.gruenden.ch
www.startups.ch
www.estarter.ch
www.gruenderportal.ch
www.ebusiness.ch
www.inno-swiss.com

Dieser Beitrag basiert auf dem Webinar «New Business Development – Entrepreneurship leicht gemacht» aus der Webinarreihe «Klüger am Abend» der Weiterbildung OST.