Mit Argumenten punkten

21. April 2022

Ob bei Geschäftsverhandlungen, in einem Leserbrief, beim wissenschaftlichen Schreiben oder bei Diskussionen allgemein: Wer gekonnt argumentiert, wirkt souverän und überzeugend. Doch was macht eine gute Argumentation aus? Und bei welcher Art von Argumenten ist Vorsicht geboten?

Stichhaltig und stark, aber auch schwach, unsauber oder schlicht falsch: alles Eigenschaften, die auf Argumente zutreffen können. Eines haben sie gemeinsam: das Ziel, die Beteiligten einer Diskussion von einem bestimmten Standpunkt zu überzeugen. Damit das gelingt, gilt es verschiedene Punkte zu berücksichtigen.

Fokus auf die Sache
Beim Argumentieren ist es zentral, kritisch, aber sachlich auf die Standpunkte des Gegenübers einzugehen. Auf jeden Fall vermeiden sollte man, das Gegenüber auf persönlicher Ebene anzugreifen. Geschieht Letzteres, kann dies als Indiz dafür gewertet werden, dass man selbst nicht mehr weiterweiss. Wie schon der Genfer Schriftsteller und Philosoph Jean-Jacques Rousseau sagte: «Beleidigungen sind die Argumente jener, die über keine Argumente verfügen».

Relevanz des Themas aufzeigen
Niemand möchte sich vertieft mit einer Sache beschäftigen, die sie/ihn nicht betrifft. Deshalb ist es wichtig, das Thema möglichst zu Beginn in einem grösseren Zusammenhang darzustellen und dessen Relevanz für die Gesellschaft und den Einzelnen aufzuzeigen. Ziel ist, dass die Zuhörenden oder Lesenden eine Verbindung zwischen dem Thema und ihrer Lebenswelt herstellen können.

Die 3 goldenen B
Eine Argumentation folgt einem bestimmten Aufbau. Dieser kann unter anderem anhand des 3B-Schemas erklärt werden: Behauptung (These), Begründung und Beispiel. Die Behauptung könnte lauten: «Wir müssen mehr in erneuerbare Energieträger investieren.» Begründung: «Damit reduzieren wir den CO2-Ausstoss, der zu einem grossen Teil für die Erderwärmung verantwortlich ist.» Beispiel: «Eine Studie hat gezeigt, dass mit dem Ausbau erneuerbarer Energieträger um x Prozent, die CO2-Emissionen um x Prozent gesenkt werden können.» Eine Behauptung kann natürlich auch durch mehrere Begründungen und Beispiele gestützt werden.

Für die Zielgruppe verständlich argumentieren
Eine zielgruppengerechte Sprache ist das A und O, um das Publikum oder die Leserinnen und Leser zu erreichen und vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Das bedeutet zuweilen auch, Fachbegriffe durch Formulierungen einzutauschen, die auch für Laien verständlich sind. Die Kunst besteht nicht darin, etwas möglichst kompliziert zu sagen, sondern Kompliziertes möglichst einfach und verständlich herüberzubringen.

Gegenargumente im Voraus entkräften
Auf jedes Argument gibt es Gegenargumente und Einwände. Eine vorgängige Auseinandersetzung mit diesen hilft. So kann man sich bereits gezielte Antworten überlegen. Manchmal bietet es sich auch an, noch unausgesprochene Gegenargumente von sich aus aufzugreifen und zu entkräften. Damit signalisiert man, dass man diese in den eigenen Überlegungen bereits berücksichtigt hat. Die Gegenargumente sollten aber korrekt wiedergegeben und nicht verzerrt oder verfälscht werden (siehe Strohmann-Argument).

10 häufige Scheinargumente

In Diskussionen fallen immer wieder Argumente, die auf Fehlschlüssen beruhen oder nicht sachbezogen sind. In solchen Fällen spricht man von Scheinargumenten. Nicht selten haben sie zum Ziel, vom eigentlichen Thema abzulenken und das Gegenüber zu verwirren. Wer Scheinargumente als solche entlarvt, ist für herausfordernde Gespräche besser gewappnet.

Ad-hominem-Argument
Der lateinische Begriff «Argumentum ad hominem» bedeutet so viel wie «Beweisrede gegen den Menschen». Es handelt sich um ein Scheinargument, mit dem die persönlichen Umstände oder Eigenschaften des Gegenübers angegriffen werden. Dahinter verbirgt sich die Absicht, die andere Position und deren Vertretende in Misskredit zu bringen und eine echte Diskussion zu vermeiden.

Beispiel: «Ihr Plädoyer für mehr Klimaschutz ist nicht ernst zu nehmen, denn Sie sind ja selbst ab und zu mit dem Flugzeug unterwegs.»

Ad-ignoratiam-Argument
Von einem Argumentum ad ignoratiam, auch «Argument, das an das Nichtwissen appelliert» genannt, spricht man, wenn eine These alleine dadurch als wahr oder falsch dargestellt wird, weil kein Gegenbeweis vorliegt. Dies beruht jedoch auf einem Fehlschluss. Denn fehlt die Evidenz zu einer Behauptung, ist das noch kein Beleg für die Wahrheit oder Falschheit der gegenteiligen Behauptung.

Beispiel: «Gott existiert, denn es gibt keinen Beweis dafür, dass er nicht existiert.» Oder: «Gott existiert nicht, denn es gibt keinen Beweis dafür, dass er existiert.»

Ad-populum-Argument
Der lateinische Begriff «Argumentum ad populum» heisst übersetzt «Beweisrede für das Volk». Bezeichnend für dieses Scheinargument ist die Behauptung, etwas sei wahr, weil eine Mehrheit davon überzeugt ist bzw. es der öffentlichen Meinung entspricht.

Beispiel: «Jedem ist bekannt, dass Schokolade glücklich macht, deshalb muss etwas Wahres daran sein.»

Dammbruch-Argument
Mit diesem Scheinargument wird suggeriert, dass eine bestimmte Entwicklung/Handlung «den Damm bricht» und somit Tür und Tor öffnet für eine Vielzahl weiterer (unerwünschter) Entwicklungen/Handlungen. Es kommt einer Warnung gleich, den vorgesehenen Schritt zu unterlassen, um eine Kettenreaktion mit vielen negativen Konsequenzen zu vermeiden.

Beispiel: «Legalisiert man Cannabis, sind bald alle Drogen erlaubt.»

Falsches Dilemma
Das Falsche Dilemma beruht auf der Vorstellung, dass eine Streitfrage aus zwei zueinander entgegengesetzten Positionen besteht, die sich gegenseitig ausschliessen. In Tat und Wahrheit müssen diese Positionen aber gar nicht im Widerspruch zueinanderstehen, weshalb es sich auch hier um ein Scheinargument handelt.

Beispiel: «Entweder man heiratet oder man bleibt für den Rest des Lebens allein.»

Naturalistisches Argument
Charakteristisch für das Naturalistische Argument bzw. den Naturalistischen Fehlschluss ist die Annahme, dass «natürlich» automatisch «gut» bedeutet. Folglich werden bestimmte Verhaltensweisen und Zustände allein dadurch legitimiert, dass sie «natürlich» sind.

Beispiel: «Es liegt in der Natur des Menschen, Fleisch zu essen. Deshalb kann das nicht falsch sein.»

Post hoc-ergo propter hoc-Argument
Dieses Argument impliziert einen Zusammenhang zwischen Ereignissen, die zeitnah aufeinander gefolgt sind – ungeachtet dessen, ob eine Kausalität überprüft und bestätigt ist. Es basiert folglich auf der Annahme, dass Ereignis A zwingend die Ursache von Ereignis B sein muss.

Beispiel: «Nachdem ich einen Pfefferminztee getrunken habe, wurde ich sehr schläfrig. Pfefferminztee macht müde

Strohmann-Argument
Das Strohmann-Argument geht nicht auf die tatsächliche Position der Gegnerin/des Gegners ein, sondern richtet sich gegen einen nicht anwesenden, fiktiven Gegner – den «Strohmann». Dabei werden diesem oft verzerrte, undifferenzierte oder falsche Versionen der gegnerischen Argumentation in den Mund gelegt. Das führt dazu, dass der Gegnerin/dem Gegner Aussagen unterstellt werden, die sie/er gar nie gemacht hat.

Beispiel: «Die Vertreter der Partei XY wollen das Autofahren verbieten, aber das würde massive wirtschaftliche Schäden zur Folge haben.» (Tatsächlich hat sich die Partei XY für höhere Treibstoffabgaben ausgesprochen und nicht gegen das Autofahren per se.)

Totschlag-Argument
Mit dem Totschlagargument wird jegliche Diskussion im Keim erstickt. Die Person, die es vorbringt, signalisiert dabei meist in einem Satz, dass sie nicht dazu bereit ist, über eine bestimmte Sache zu sprechen, sondern ihren Standpunkt diskussionslos durchsetzen will.

Beispiel: «Wir haben das schon immer so gemacht, deshalb ändern wir nichts»

Whataboutism
Von Whataboutismus spricht man dann, wenn die Kritik am eigenen Standpunkt oder Fehlverhalten in Relation zu vermeintlich schwerwiegenderen Verstössen gesetzt wird. Dies mit dem Ziel, das eigene Denken und Verhalten durch diesen Vergleich zu legitimieren. Typisch für dieses Scheinargument ist der Verweis auf «Was ist mit…?»

Beispiel: «Unser CO2-Ausstoss fällt nicht ins Gewicht. In China ist er um ein Vielfaches höher»