Wer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, kann bereits einen beachtlichen Etappensieg verbuchen. Die Bewerbungsunterlagen haben überzeugt, man ist in der engeren Auswahl. Jetzt gilt es, die eigenen Qualitäten nochmals zu verdeutlichen. Doch nicht selten trüben Unsicherheit und Nervosität das Vertrauen in sich selbst. Katrin Meier, Stv. Leiterin der Career Services an der OST, unterstützt – gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen – Studierende im Bewerbungsprozess und weiss, was zum guten Gelingen eines Vorstellungsgesprächs beiträgt. 10 Tipps dazu:
#1 | Gespräch üben und Feedback einholen
Testläufe bieten eine gute Möglichkeit, um entspannter in einen wichtigen Auftritt zu gehen. Katrin Meier empfiehlt deshalb, ein Bewerbungsgespräch im Vorfeld mit einer Vertrauensperson zu üben. Dabei kann diese Fragen stellen, die in Jobinterviews typischerweise vorkommen: «Warum sollen wir ausgerechnet Sie einstellen?» zum Beispiel. «Wenn man Antworten auf Fragen wie diese bereits verbalisiert hat, ist das viel hilfreicher, als wenn man sie lediglich im Kopf vorbereitet», sagt die Karriereberaterin. Ein Übungsgespräch sei zudem eine gute Gelegenheit, Feedback einzuholen, um sich seiner Wirkung bewusst zu werden
#2 | Sich gut über das Unternehmen informieren
Ebenfalls ratsam ist es, sich gut über das Unternehmen zu informieren, bei dem man sich bewirbt. Hierbei sei es aber nicht entscheidend, dass man im Vorstellungsgespräch alles auswendig herunterrattern könne, sagt Katrin Meier. «Vielmehr geht es darum, kluge Fragen stellen zu können oder in der Lage zu sein, einen Bezug zu beispielsweise aktuellen Projekten herzustellen.»
#3 | Notizen machen und mitbringen
Es spricht nichts dagegen, persönliche Notizen oder seinen Lieblingskugelschreiber mit ans Bewerbungsgespräch zu nehmen. Im Gegenteil: «Vertraute Gegenstände vermitteln Sicherheit und Notizen signalisieren, dass man sich gut vorbereitet hat», sagt Katrin Meier. Wer wolle, könne sich nebst Fragen auch individuelle «Regieanweisungen» notieren. «Zum Beispiel ein Symbol, das daran erinnert, zwischendurch die Schultern wieder zu entspannen oder zu lächeln.»
#4 | Dem Anlass entsprechend authentisch auftreten
Was anziehen? Diese Frage beschäftigt viele vor dem Vorstellungsgespräch. Katrin Meier empfiehlt, sich branchenüblich zu kleiden, dem eigenen Stil aber treu zu bleiben. Grundsätzlich müsse man sich wohl fühlen. Sowohl beim Outfit und Styling als auch beim Auftritt allgemein gelte es, dem Anlass entsprechend authentisch zu sein. Wenn man sich beispielsweise nie schminke, müsse man zum Bewerbungsgespräch auch nicht mit üppigem Makeup erscheinen. Und wer eher ein ruhiger und überlegter Typ sei, müsse bei seinen potenziellen Vorgesetzten nicht durch lustige und schlagfertige Sprüche auffallen, so die Expertin.
#5 | Gutes Gefühl aus einer anderen Situation mitnehmen
Jeder Mensch kennt eine Situation, in der vor anderen Leuten ein guter Auftritt gelungen ist – sei es beim Witzeerzählen im privaten Rahmen oder bei einer Präsentation im beruflichen Kontext. Es hilft, sich diese Situation – möglichst mit den dazugehörigen körperlichen Empfindungen – in Erinnerung zu rufen und mit diesem positiv bestärkenden Gefühl ins Bewerbungsgespräch zu gehen.
#6 | Offene und neutrale Denkhaltung einnehmen
Welches Mindset ist das richtige für ein Bewerbungsgespräch? Dass pessimistische Gedanken nicht förderlich sind, ist kein Geheimnis. Mit «positiv denken» ist es aber auch nicht getan. Katrin Meier plädiert für eine offene und neutrale Haltung à la «Ich bekomme die Chance, mich vorzustellen und prüfe, ob der Arbeitgeber zu mir passt.»
#7 | Den Körper sprechen lassen
Verschränkte Arme oder übereinandergeschlagene Beine: In Körperhaltungen wie diese wird viel hineininterpretiert. Sie seien Ausdruck von Abwehr, heisst es etwa. Katrin Meier hält solche Pauschalisierungen für überholt. Sie rät dazu, nicht zu viele Gedanken darauf zu verschwenden, wie einzelne Posen beim Gegenüber ankommen. «Wenn man im Fluss und bei sich ist, ergibt sich von allein eine gute Körpersprache.» Fokussiert man sich zu sehr darauf, einzelne Körperhaltungen zu vermeiden, fällt es schwerer, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren. Dasselbe gilt für Haltungen oder Bewegungen, die man künstlich herbeiführen möchte – zum Beispiel eine Gestik mit den Händen, die man sonst nie macht.
#8 | Den Körper erden
Ein bisschen nervös sein gehört dazu. Doch wie lässt sich verhindern, dass die Nervosität zu stark wird und sich kontraproduktiv auf das Vorstellungsgespräch auswirkt? Für mehr Entspannung gibt es einige kleinere Tricks. «Es kann zum Beispiel helfen, die Füsse nebeneinander flach auf dem Boden abzustellen und sich auf den Bodenkontakt zu konzentrieren», erklärt Katrin Meier. «Die Wahrnehmung auf den unteren Teil des Körpers zu lenken, aktiviert die Ruheatmung». Ein weiterer Tipp der Expertin: Den Rücken an die Stuhllehne anlehnen und so eine «Rückendeckung» herstellen.
#9 | Fragen stellen, die für die Entscheidung wichtig sind
Aus Angst, zu forsch zu erscheinen, halten sich Stellenanwärterinnen und -anwärter oftmals mit konkreten Fragen zurück. Das muss nicht sein. «Bewerberinnen und Bewerber sind keine Bittsteller. Sie haben ja einiges zu bieten», sagt Katrin Meier. «Sie dürfen Fragen vorbringen, die für sie und ihre Entscheidung wichtig sind.» Dazu gehören beispielsweise Fragen nach den Arbeitszeiten, der Kultur, dem Führungsstil oder den Entwicklungsmöglichkeiten.
#10 | Die Aufmerksamkeit aufs Gegenüber richten
Viele Menschen neigen dazu, den Fokus zu stark auf sich selbst zu richten – besonders in Situationen, in denen es um etwas Wichtiges geht. Es lohnt sich, die Aufmerksamkeit von sich (und der eigenen Nervosität) weg aufs Gegenüber zu lenken. So gelingt es beispielsweise besser, im Hier und Jetzt auf Andere einzugehen und dadurch zu spüren, ob der Job wirklich zu einem passt. Denn nicht zu vergessen ist: Ein Bewerbungsgespräch dient dem gegenseitigen Kennenlernen.
Atmung und Stimme
Gerade bei Nervosität neigen wir dazu, flach zu atmen, was die Anspannung verstärkt. Das wirkt sich wiederum auf die Stimme aus. Folgende Tipps können dabei helfen, zu einer möglichst natürlichen Atmung und Stimmlage zu finden und diese auch in aufregenden Situationen wie einem Bewerbungsgespräch zu bewahren.
- In den Bauch atmen und die natürliche Bauchbewegung zulassen.
- Sich die eigene Atmung immer wieder ins Bewusstsein rufen – ob zuhause vor dem Fernseher oder unterwegs im Zug.
- In Ruhe durch die Nase und in den Bauch einatmen, bevor man etwas sagt.
- Die Stimme senken, wenn ein Gedanke zu Ende gebracht ist.
- Sprechpausen machen.
- Den Mund locker und leicht geöffnet lassen, wenn man noch die Absicht hat, zu reden. Das begünstigt den Atemfluss.
- Regelmässig vorlesen: den Text dabei gestalten wie eine Schauspielerin/ein Schauspieler und darauf achten, dass er spannend und verständlich beim Gegenüber ankommt. Das weckt und fördert das Bewusstsein für die eigenen Ressourcen.
Notiert: Ursula Ammann